Auf die unterschiedlichen Verfahren der Aufbereitung des Silbererzes soll nicht eingegangen werden. Der Sammler, der sich dafür interessiert, findet alles Wissenswerte in jedem großen Konversationslexikon. Wichtiger für den Silbersammler ist die Kenntnis der Zusammensetzung des Silbers, seines Feingehalts, wie es als Ausgangsmaterial für die kunsthandwerkliche Verarbeitung durch die Gold und Silberschmiede vom Mittelalter bis zur Gegenwart verwendet wurde. Denn reines Silber ist für die Verarbeitung wie vor allem auch für den Gebrauch zu weich. In der Regel wird dem Silber ein bestimmter Prozentsatz an Kupfer zugefügt, in seltenen Fällen auch andere Metalle. Diese Beimischung ist es, die als Legierung bezeichnet wird, abgeleitet von dem lateinischen Wort legere für zusammensetzen.

Unter Feingehalt ist der Anteil des chemisch reinen Silbers bei der Legierung zu verstehen. In Deutschland beträgt er üblicherweise 800 auf 1000 Teile gerechnet. Mittlerweile wird hauptsächlich der internationale Standard nämlich 925 auf 1000 Teile gerechnet, auch Sterling-Silber genannt, verarbeitet. In dieser Legierung wird das Silber auch von den Scheideanstalten an die Goldschmiede und Silberwarenfabriken zur Verarbeitung geliefert. Denn durch ein Reichsgesetz von 1884 wurde zum Schutz des Käufers für Silberwaren ein Feingehaltsstempel eingeführt und bestimmt, daß als Silber nur Gegenstände angeboten werden dürfen, deren Metalllegierung mindestens 800 Tausendteile Feinsilber beträgt. Der Feingehalt darf natürlich auch höher sein. Bei englischem Silber beispielsweise ist das stets der Fall. Durch ein entsprechendes Gesetz von 1904 wurde in England der Feingehalt für das sogenannte Sterling-Silber auf 925 und für Britannia-Standard sogar auf 958,4 festgesetzt. Aus dem Ausland importiertes Silber muß seit 1867 in England durch ein >F< (für Foreign = Ausland) als besondere Marke neben den Meistermarken gekennzeichnet sein. Einen Feingehalt von 950 hat auch französisches Silber, wenn der Garantiestempel die Ziffer 1 trägt. Erscheint neben dem als Garantiestempel seit der Französischen Revolution meist üblichen Gallischen Hahn die Ziffer 2, so beträgt der Feingehalt 800 v. T.

Für die Richtigkeit des Feingehalts haftet nach dem Gesetz aber nicht der Silberproduzent, sondern der Hersteller der Ware. Die heute übliche Lieferung einer verläßlichen Silberlegierung von mindestens 800 Feingehalt durch die Silberscheideanstalten ist jüngeren Datums. Zu früherer Zeit, in Deutschland bis 1884, waren die Herstellung der Silberlegierung und die Bürgschaft für den Silbergehalt Angelegenheit der Gold und Silberschmiede. Die Überwachung erfolgte vom Mittelalter ab durch die Zünfte mit ihren strengen Zunftordnungen, über die noch eingehend berichtet wird. Später auch durch staatliche Beschaumeister, wie in Dänemark oder durch vom Staat legalisierte private Pächter, wie in Frankreich.

Bis gegen die siebziger Jahre des 18. Jahrhunderts wurde der Feingehalt des Silbers anders berechnet als heute. Grundlage war die mittelalterliche Gewichtseinteilung in Pfund und Lot. Das Pfund betrug etwa 467 Gramm, so jedenfalls nach einem noch in Köln befindlichen Mustergewicht vom Jahre 1705, und wurde in 32 Lot unterteilt. Das handelsübliche Silbergewicht war das halbe Pfund oder die Mark Silber gleich 16 Lot, wobei das Lot nochmals in 18 Grän unterteilt wurde. Die bei antikem Silber häufig eingeschlagenen Zahlenstempel von :12, :13, :14 oder :15, allein für sich oder in Verbindung mit einem Stadtbeschauzeichen, beziehen sich stets auf den Feingehalt in Lot. So würde die auf einem Silbergegenstand eingeschlagene Zahl 12 besagen, daß es sich um 750er Silber handelt. Doch je nach dem Zweck, den ein Auftraggeber mit einem Silbergegenstand verfolgte, wie auch in Zeiten einer kriegsbedingten Silberverknappung, war es nicht außergewöhnlich, nur 8 lötiges oder gar nur 6 lötiges Silber zu verarbeiten. So sehr auch ein möglichst hoher Feingehalt erwünscht war so kam es zu früheren Zeiten im Hinblick auf einen verfolgte Repräsentationszweck nicht unbedingt darauf an. Bis gegen Ende des 17. Jahrhunderts wurden kirchliche Silbergegenstände wie auch königliches und fürstliches Tafelsilber fast stets vergoldet, wegen des bereits geschilderten Symbolcharakters des Goldes. Die nachstehende Tabelle dient dem Vergleich der Feingehalts angaben in Lot mit der heute üblichen Bestimmung nach Tausend teilen.

So entsprechen :

Lot v. Tausend
16 1000
15 937,5
13 812,5
12 750
10 625
8 500
6 375
4 250

An Farbunterschieden ist der Silberfeingehalt nicht festzustellen. Bis zur 8-Lötigkeit herunter behält die Legierung die weiß-glänzende Silberfarbe bei. Noch geringwertigere Silberlegierungen, wie sie für Knöpfe, Schuhschnallen, Rosenkränze und die Nachbildungen religiöser Reliquien an Wallfahrtsorten, für Geschirrbeschläge und Trachtenschmuck verwendet wurden, wurden durch das sogenannte Weißsieden gefärbt. In einer erhitzten Lösung aus Weinstein oder verdünnter Schwefelsäure wurde das an der Oberfläche durchschimmernde rötliche Kupfer weggesotten. Dieses minderlötige Silber, soweit aus der Zeit vor dem 19. Jahrhundert stammend, war eine Kupfer-Silber-Legierung.