Mit der Profanierung des Silbers zum Gelde zur Zeit der Antike wurde der Staat zum Garanten des Feingehalts, jedenfalls für die Silbermünzen. Bei einer Silber oder Goldwährung, wie auch einer Doppelwährung von beiden, hängt die Menge des Geldes aber von der zur Verfügung stehenden Menge der Edelmetalle ab. Doch das Knapp'sche Gesetz vom wachsenden Staatsbedarf muß auch zur Zeit der Antike wirksam gewesen sein. Andrerseits war die bequeme Methode der Steuererhöhung damals eine recht langwierige und keineswegs einen Soforterfolg versprechende Angelegenheit. So verfiel man bereits im römischen Reich auf den Ausweg, den wachsenden Staatsbedarf durch Geldverschlechterung zu befriedigen. Den Silbermünzen wurde mehr Kupfer beigemischt. Während der Verfallzeit des römischen Reiches in den nachchristlichen Jahrhunderten waren derartige Staatsmanipulationen üblich. Die fatale Nebenwirkung blieb auch damals nicht aus. Die Verschlechterung der Silbermünzen zog ein Steigen der Preise nach sich. Um der Inflation zu begegnen, wurde der Feingehalt der Silbermünzen erneut gesenkt und so fort. Erst unter Kaiser Konstantin wurde die Währung stabilisiert und die Münzehrlichkeit wieder hergestellt.

Was dem Staat rechtens schien, die Verschlechterung des Silbers, nützten natürlich auch Gold und Silberschmiede für ihren privaten Gewinn. Verständlicherweise verlangten die Auftraggeber für silbernes Gerät einen exakten Beweis für die Güte des Edelmetalls, das heißt für die Zusammensetzung der Legierung. Die älteste Silberprobe ist die Strichprobe, die im Prinzip eine Farbprobe ist. Der Silbergegenstand wird über eine Platte aus Kieselschiefer gezogen, so daß ein abgeriebener Silberstrich auf dem Schiefer stehen bleibt. Der Strich wird mit Probewasser -einer Mischung aus Salz und Salpetersäure -betupft. Nun wird die Farbe der Strichprobe mit der Farbe von silbernen Nadeln, den sogenannten Probiernadeln, verglichen, deren Legierung genormt und bekannt ist. Früher wurde als Probierstein der kleinasiatische Lydit oder Lydische Stein, ebenfalls ein Kieselschiefer, verwandt. Es dürfte ein Beweis sein, daß diese Art der Silberprobe aufkam, als das gewinnsüchtige griechische Staatsorakel in DeIphi vom Lyderkönig Krösus auf Bezahlung in purem Silber und Gold bestand. Als die Feingehaltsbestimmung des Silbers nach Lot üblich wurde, gingen die Gold und Silberschmiede dazu über, ein 16-teiliges Probiernadelsortiment, in der Legierung genormt von 1-16 Lot, zu verwenden. Entsprechend der heute üblichen Feingehaltsbestimmung, des Silbers nach Tausendteilen, ist die Strichprobe nach wie vor in Gebrauch. Sie erfordert allerdings ein gutes Farbempfinden. Sicherer ist eine weitaus umständlichere Methode, das Kupellieren die in den Zunftordnungen der Goldschmiede vom Mittelalter ab vorgeschrieben war. Mit einer Graviernadel wird aus dem zu prüfenden Silbergegenstand eine kleine Menge Silber herausgehoben und auf der Goldwaage gewogen. In einem Schmelztiegelchen, dessen Innenwand mit ausgelaugter Holzasche und gebrannten Knochen ausgekleidet ist, wird die Silberprobe zusammen mit Blei so lange geschmolzen, bis das der Legierung beigemengte unedle Metall von der Bleiglätte und der porösen Tiegelwand aufgesogen ist. Der übrigbleibende Rest von reinem Silber wird erneut auf der Goldwaage gewogen. Aus dem Gewichtsunterschied wird der Silbergehalt der Legierung berechnet.

Der Gravurstrich oder Tremulierstrich, wie der Fachausdruck lautet -eine gezackte sägeblattförmige Linie -, zeigt die Abb.

Tremulierstrich auf antikem Silber:

Tremulierstrich Tremulierstrich

Er findet sich meist auf der Unterseite oder am Rand von antiken Silbergegenständen. Von Silbersammlern wird der Tremulierstrich als Qualitätsmerkmal sehr geschätzt. Er ist ein untrügliches Echeitsmerkmal, sofern auf dem betreffenden Gegenstand auch die dazugehörigen Kontrollmarken eingeschlagen sind. Denn wenn die Silberprobe der Vorschrift entsprach, versah der Zunftprüfer oder ein vereidigter städtischer oder staatlicher Kontrolleur, der Beschaumeister, den Silbergegenstand mit dem sogenannten Beschauzeichen als amtliche Qualitätsgarantie. Das kann ein Buchstabe, ein Stadtwappen oder eine symbolische Figur sein. Die nächsten Abbildungen zeigen einige dieser Beschauzeichen unterschiedlicher Herkunft, die zusammen mit den Meistermarken und anderen Merkzeichen Kennzeichen für antikes handwerkliches Silber sind. Sie erleichtern dem Sammler die zeitliche und örtliche Bestimmung eines alten Silbergegenstandes. Doch die eingehende Kenntnis aller Beschauzeichen und Marken, allgemein auch als Silberpunzen bezeichnet, ist eine Wissenschaft für sich.

 

Silberstempel und Stadtpunzen von Deutschland Aachen-Freiberg Silberstempel und Stadtpunzen von Deutschland Aachen-Freiberg

Silberstempel und Stadtpunzen von Deutschland Freiburg - Lüneburg Silberstempel und Stadtpunzen von Deutschland Freiburg - Lüneburg

Silberstempel und Stadtpunzen von Deutschland Magdeburg - Straubing Silberstempel und Stadtpunzen von Deutschland Magdeburg - Straubing

Silberstempel und Stadtpunzen von Deutschland Stuttgart - Zwickau Silberstempel und Stadtpunzen von Deutschland Stuttgart - Zwickau

Das umfassendste Nachschlagewerk für die Bestimmung der unzähligen Silberpunzen ist das von Marc Rosenberg veröffentlichte vierbändige Werk Der Goldschmiede Merkzeichen. Es erschien in der 3. Auflage in den Jahren 1922-28 in Frankfurt/M. Es ist das Standardwerk für den Silbersammler, aber infolge seines hohen Preises als Speziallexikon für den Durchschnittssammler kaum erschwinglich. Mittlerweile aber bereits in digitalisierter Form kostenlos erhältlich. In allen großen öffentlichen Staatsbibliotheken ist der Rosenberg aber vorhanden und einzusehen. Für englisches Silber, dessen Markensystem sehr viel einheitlicher und Übersichtlicher geregelt ist, genügt ein preiswerter Markenführer von Frederick Bradbury. Es ist der >Guide to Marks of Origin on British and Irish Silver Plate and Old Sheffields Plate Makers Marks<, erschienen bei J. W. Northend in Sheffield, England. Die jüngste Auflage enthält alle Marken von 1544-2000. Für französisches Silber seien das fünfbändige Werk von Henry Nocq, >Le poincons de Paris< (1924-1931) und das Lexikon französischer Meistermarken >Dictionaire des poincons des maitres orfevres francais< (Paris 1929) erwähnt.

Übernommen aus: "Henkel Informiert" ist eine Reihe von Schriften, die Henkel in Zwangloser Form herausgibt. Mit diesen Unterlagen, die sich unter anderem mit vielen Aktuellen Fragen zum Thema "Waschen", "Spülen" und "Reinigen" befassen, will die Firma Henkel helfen, Probleme zu lösen. ©Henkel KGaA.
Übernommen aus: "Heyne Antiquitätenbücher in der Praktischen Reihe SILBER von dem Autor Friedrich W. Doucet der leider nicht zu erreichen war.
* Übernommen aus: "Der Gold und Silberschmied Band1 Wekstoffe und Materialien" von Jochem Wolters